DEEP SEA

12 540 Stunden aufs Meer geschaut und keinen Fisch gesehen

Von März bis April 2016 unternahm Maria Mathieu eine besondere Reise mit einem Trampschiff. Diese Frachtschiffe tragen ihren Namen, weil sie keine feste Route oder einen festen Fahrplan haben, sondern jedem neuen Auftrag entsprechend verkehren. Nachdem der Dampfer gerade den Lübecker Hafen verlassen hatte, wurde Maria Mathieu seekrank. Um die Übelkeit zu bekämpfen, folgte sie der Empfehlung des ersten Offiziers, der ihr riet, an der Reling zu stehen und auf den Horizont zu starren. Sie tat dies neunzehn Tage lang nach einer absurden Routine: jeden Tag von 7 bis 19 Uhr starrend, mit einer einstündigen Mittagspause. Abends übertrug sie ihre Blicke in Zeichnungen, und in ihrer Kabine visualisierte sie die Bewegungen des Schiffes, des Wassers und der Wellen. Und jeden Tag zeichnete sie einen Fisch – obwohl sie nie einen einzigen sah, wie der Titel ihrer Serie deutlich zeigt.

Auf diese systematische Weise enthalten Mathieus teilweise collagierte Zeichnungen zwangsläufig ein Tagebuch der Reise. Sie sind meist figurativ, fiktiv und fantasievoll. Die Fische sind reine Fiktion und die Gewässer, Karten, Diagramme, Wellen und Boote, die in vielen Zeichnungen erscheinen, zeigen einen subjektiven Versuch, all die individuellen Gedanken und Vorstellungen darzustellen, die die Künstlerin in die immer ähnliche, scheinbar identische Sicht auf die Horizontlinie und das flache Meer projizierte – kombiniert mit einer emotional basierten Darstellung von Meeresbewegungen. Eine Art produktive Langeweile ist die Grundlage für diese Bilder – sowohl vom Meer als auch von einem der wichtigsten wirtschaftlichen Elemente seiner Nutzung.

Deep Sea Ausstellung

Die Ausstellung Deep Sea beleuchtet die verschiedenen Facetten des Meeres als Lebensraum und die menschliche Beziehung zu diesem Ökosystem. Es ist nach wie vor einer der unbekanntesten Lebensräume des Planeten, ein riesiger, scheinbar grenzenloser Raum, in dem Menschen nicht leben können und den sie nur langsam kennenlernen und erforschen. Dabei werden in den letzten Jahren immer neue Meereslebewesen bekannt, deren Aussehen und Fähigkeiten in vielen Fällen die fantastischen menschlichen Vorstellungen von Meeresmonstern und –kreaturen übertreffen. Immer deutlicher wird auch, in welcher direkten Beziehung das menschliche Leben zum Lebensraum Meer steht und wie sehr wir von diesem Ökosystem abhängig sind, das andererseits insbesondere durch menschliche Intervention nachhaltig gefährdet ist und in exponentieller Geschwindigkeit zerstört wird bzw. sich verändert.

Die Ausstellung nimmt diese gesellschaftspolitisch relevanten Aspekte der menschlichen Beziehung zum Meer auf und präsentiert durch 13 Positionen künstlerische Annäherungen an das Thema, die von explizit politischen Fragestellungen zu surrealen und persönlichen Auseinandersetzungen reichen. In Videos, Fotografien, Skulpturen, Installationen, Zeichnungen und Performances werden teils ungewöhliche Geschichten und Aspekte des Themas verhandelt.

> Städtische Galerie Bremen